One Bite in Bangkok

Februar 2025, weg aus Deutschland, weg aus der Kälte, auf nach Bangkok, das inzwischen von keiner Landkarte des gediegenen Essenstourismus mehr wegzudenken ist. Bei der Vorbereitung fällt auf, dass man die Empfehlungen des Guide Michelin, die der 50-Best-Liste und die aus Foren in komplizierten, KI-würdigen Vefahren quervergleichen und gewichten muss, um ein Programm zu erstellen, welches aber das Gefühl, in jedem Fall etwas Großartiges zu verpassen, auch nur ansatzweise dämpft.

Ich habe 7 Locations in 5 Tage gepackt: INDDEE, Samrub Samrub Thai, Sushi Masato, Baan Tepa Culinary Space, Sühring, dazu die beiden ausgezeichneten Bars Us und BKK Social Club. Ein Versäumnis trübt die Vorfreude ein wenig: Das einzige Dreisternerestaurant Thailands, das Sorn, jüngst von Herrn Walther mit 10 Punkten ausgezeichnet, hat eine derart absurd exklusive Reservierungspolicy, dass selbst eine wohlformulierte E-Mail drei (nicht zwei und nicht vier!) Sekunden nach Öffnung der Mailkanäle nicht ausreicht (bzw. noch nicht mal kommentiert wird). Naja, mit dem Baan Tepa habe ich eine Thai-Küche im Programm, die laut LaListe mit 98 Punkten auf dem Niveau von L’Arpège, Pic und Schloss Schauenstein liegen soll.

Vorweg: Die beiden Bars sind große Klasse. Diese nimmt im Fall der BarUs eher angesichts des Menücharakters der Drinks mitsamt untypischen, je nach “Gang” sehr unterschiedlichen Geschmacksnuancen Gestalt an. Der herzhafte Drink zur “Hauptspeise” ist exzellent, der Grasshopper zum “Dessert” vermutlich der beste Cocktail, den ich je getrunken habe. Der BKK Social Club zeichnet sich indes durch einen Stil aus, der seinesgleichen sucht. Dies manifestiert sich v. a. im glamourösen Interieur sowie dem Service, den ich irgendwie gar nicht so nennen will: Der charmante Rezeptionist begleitete mich zu meinem Platz und erfasste irgendwie auf dem Weg meine Vorliebe für Negroni, so dass ich erst mal den Hausnegroni “aufs Haus” erhielt - danach könne man in Ruhe meine drink courses für heute besprechen. Die Bars rahmten zugleich mein kulinarisches Programm in Bangkok ein: BarUs am Sonntagabend, BKK in der Nacht auf Freitag.

Dazwischen lag zunächst ein Besuch im INDDEE, einem mit einem Michelinstern ausgezeichneten Inder, der in den ehemaligen Räumlichkeiten von Gaggan Anand residiert. Neben diesem sehr schönen, tropischen Villenambiente und dem interessanten Konzept (Reise über den Subkontinent und gleichzeitig durch die (Kolonial-)Zeit) nutzt die Küche - im Unterschied zu Anand vor einigen Jahren - den Reichtum indischer Produkte, Aromen und Würzmittel in beachtlicher Weise aus. Mein persönliches Highlight ist indes die Getränkekarte, welche nicht nur tolle Positionen aufweist, sondern den Spagat zwischen Information und Verständlich-/Greifbarkeit so gut meistert, wie ich es noch nie erlebt habe (und dafür asienweit auch schon ausgezeichnet wurde). Auch die Sommelière ist eine Wucht.

Meine Werte:

Ambiente 9
Service 8,5
Getränke 10
Essen 8


Gesamteindruck 8,7

Kurzum: Ein ausdifferenziertes indisches Essen sowie ein tolles Konzept mit einer zeitlichen und räumlichen Tour über den Subkontinent, welches das herausragende Getränkeuniversum einschließt. Wohlfühlen pur. Ein klasse Start!

Am Tag darauf ging es ins Samrub Samrub Thai, das irgendwie als eine Art Hipster-Ort gilt (was auch am Publikum erkennbar ist). Ein Michelinstern, vertreten in den 50 Best (Asia). Hier geht alles leger zu, schon nahe an der Grenze zum Unprofessionellen. Dass Gänge ungeduldig serviert werden, während noch ein Teller vor einem steht (und man noch von diesem isst), habe ich auf dem Niveau auch noch nicht erlebt. Außer vielleicht im Ernst, aber das gehörte zum Konzept und hat keinerlei negativen Nachgeschmack bei mir hinterlassen. Außerdem war die Küche wirklich ZU knoblauchreich, wenngleich einzelne Gerichte durchaus Sterneniveau erreichten.

Ambiente 7
Service 6,5
Getränke 7
Essen 7

Gesamteindruck 6,9


Kurzum: Weitgehend unspektakulär und bei den Speisen teils mit unstimmiger Ausgewogenheit der Gewürze/Geschmacksrichtungen. Trotzdem auch Glanzlichter, die ein hohes Niveau erreichen.

Restaurantstopp Nummer 3 ist Sushi Masato, das in den Weiten des Fine-Dining-Web gar nicht so häufig auftaucht. Gilt nichtsdestotrotz als bestes Sushi-Restaurant in Bangkok (und damit Thailand) und als eines der besten außerhalb Japans. Das Setting ist eines des klassischen Sushi-Omakase. Neben grünem Tee gibt es hier aber Getränke aus aller Welt - ich entscheide mich primär für Sake. Dann beginnt die Show - der Sushi-Meister zelebriert die Anfertigung jedes Bissens, es erinnert an die guten Tresen des Sushi-Mutterlandes. Von besonderer Güte ist für mich der optimal (lauwarm) temperierte Tintenfisch.

Ambiente 7,5
Service 7,5
Getränke 7
Essen 8,3

Gesamteindruck 7,7


Kurzum: Dies war mein bisher ohne Zweifel bestes Sushi-Erlebnis, wobei ich ahne, dass anderswo (also konkret: in Japan) z. T. noch in einer anderen Liga gespielt wird.

Und am Abend des selben Tages geht es auf ins Baan Tepa Culinary Space, eine Art experimentelles Labor für thailändische Küche mit zwei Michelinsternen. So weit abseits gelegen, dass es selbst bei sehr großzügiger Zeitplanung angesichts des Feierabendverkehrs (oder des Verkehrs zu irgendeiner anderen Tageszeit) extrem knapp wird. Kennt man dort aber schon. Eine sehr schöne Location und tatsächlich ein echtes Labor für den Geschmack. Man erhält relativ zu Beginn eine Küchentour, bei welcher die verschiedenen Arten der Fermentation und andere Zubereitungsformen erklärt werden. Dabei lerne ich das US-amerikanische Sozialverhalten im Luxusrestaurant kennen: Eine Napa-Valley-Familie untersagt mir, alleine weiterzuessen, und nimmt mich an ihrem Tisch auf - zum Leidwesen des Serviceteams, das umplanen muss. Dann beginnt eine schöne kulinarische Reise durch Thailand, wobei die absoluten Spitzen fehlen. Interessant: der dazu gereichte thailändische Sekt ist sehr ordentlich (während der thailändische Rotwein nicht so meinen Geschmack trifft).

Ambiente 8,5
Service 8
Getränke 8,5
Essen 7,9

Gesamteindruck 8,1


Kurzum: Ein charmantes Restaurant mit eigenem durchdachten Ansatz, das noch nicht ganz die Spitze der (Thai-)Küche erreicht.

Zum Sühring, dem kulinarischen Highlight des Trips, folgt ein eigener Bericht.

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Sühring: We Germans